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Liebe stormila, danke für deine Frage. Es ist gut, dass du aufmerksam bist und fühlst, wenn es für andere im Chat nicht o.k. ist, wie man miteinander umgeht. Wir finden es auch cool, dass du nach Lösungen suchst. Verstehen wir dich richtig, dass das ein Klassenchat ist, der nicht moderiert wird von einem Lehrer oder einer Lehrerin? Das ist übrigens in sehr vielen Klassenchats so, dass die Schülerinnen und Schüler unter sich sind und die Chats eben dazu nutzen, sich privat und über Schulaufgaben auszutauschen, Bilder zu teilen, auch mal zu lästern, wenn ein Tag langweilig und z.B. eine Prüfung zu schwer war. Natürlich kann es dann auch online wie im echten Leben die Situation geben, dass ein Wort das andere gibt. Jemand macht sich lustig oder provoziert mehr oder weniger ungewollt, ein/e andere/r ist verletzt, reagiert, wehrt sich oder motzt einfach zurück, wieder andere kommentieren vielleicht sogar hämisch und heizen die Diskussion zusätzlich an - und schon gibt es eine Spirale, wo man manchmal am Schluss nicht weiss, wie sich das hochgeschaukelt hat und wer genau angefangen hat. Du schilderst, dass eine Person rausgeworfen und dann wieder eingefügt wurde. Bei Whatsapp und auch bei anderen Chats können in der Regel nur Administratorinnen und Administratoren jemanden ausschliessen und "rauswerfen". Wenn ihr also keinen Administrator habt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die Person sich selber entfernt hat, den Chat weiterhin beobachtet und dann eben später wieder dazugestossen ist. Was könntest du tun? - Grundsätzlich ist es so, dass jeder Chat und jede Gruppe gut harmoniert, wenn die Chemie stimmt und alle sich ganz selbstverständlich an die Netiquette halten, also an die Regeln, die im Netz gelten, um eben zu garantieren, dass alle auf ihre Kosten kommen und niemand ausgegrenzt wird. Die wichtigste Grundregel ist, dass man nie vergisst, dass auf der anderen Seite immer ein Mensch sitzt. Also jemand, der verletzlich ist wie man selber, der gerne Anerkennung erfährt und geschätzt werden möchte. Je mehr man sich bewusst wird, dass man selber der-/diejenige sein könnte, der/die schlecht behandelt wird, umso leichter fällt es vielen, Nein zu sagen, wenn sie mitbekommen, dass jemand beleidigt oder ausgegrenzt wird. Eine Reaktion könnte daher sein im Chat: "Hey, das ist nicht o.k. Lass bitte XY in Ruhe." Oder wenn über jemand hergezogen wird, der nicht dabei ist und sich nicht wehren kann: "Sorry, aber da mache ich nicht mit. Es ist doch nicht fair, weil sich XY nicht wehren kann. Lasst das bitte sein."
- Wir wissen, dass Nein sagen, Zivilcourage braucht. Und vielleicht denkst du sogar, dass das nichts bringt. Wir können dir aber aus Erfahrung sagen, dass Mobbing oder schlechtes Benehmen nur gelingen, wenn die Zustimmung der anderen da ist. Zustimmung kann eben auch sein, indem man schweigt und wegguckt. D.h. es ist auch eure Entscheidung als Klasse, ob ihr so miteinander umgehen wollt. Nur ein deutliches Stopp verändert eine Situation, die aus dem Ruder gelaufen ist. Sobald jemand Nein sagt, trauen sich oft auch andere, nicht mitzumachen. Zudem stärkt Nein sagen bei schlechtem Verhalten immer die Person, die das Opfer ist. Du solidarisierst dich und sagst eben mit dem Stopp auch: "Ich stehe dir bei. Ich lasse es nicht zu, dass man so mit dir umgeht." Tipp: Auch in Echtzeit ist es wichtig, dass man Kolleginnen und Kollegen, die eben im Netz schlecht behandelt werden, vor Klassenkolleginnen und -kollegen beisteht. Für sie ist oft ganz schwer, dann wieder in Echtzeit in der Klasse zu bestehen. Du kannst da gegensteuern, wenn du die Person nicht ausgrenzt, sondern einbeziehst oder indem du sie nicht ignorierst und so tust, als wäre nichts geschehen, sondern z.B. sagst: "Für mich war das gestern nicht o.k. Tut mir leid, dass ich da nicht reagiert habe. Das nächste Mal werde ich versuchen, gleich zu sagen, was ich denke."
- Ein Weg könnte sein, dass du dich mit anderen aus der Klasse zusammentust, wo du merkst, dass sie ähnlich denken wie du. Ihr könntet z.B. gemeinsam die Lehrerin oder den Lehrer bitten, dass ihr mal ganz allgemein und offen in einer Schulstunde über Regeln und Grundsätze im Chat redet. Jede/r dürfte dann sagen, was Spass macht, was eher nervt oder was eben verletzt. Bei einem solchen Anlass könntet ihr gemeinsam Regeln definieren, die ihr vielleicht sogar aufschreibt, als ob ihr einen Pakt schliessen würdet. Solche Regeln könnten sein, dass persönlich verletztende, intime oder rassistische Bemerkungen/Bilder gar nicht gehen. Oder dass gegenseitiger Respekt wichtig ist und man aus dem Grund Gespräche nicht absichtlich stört und unterbricht. Oder dass man sich nicht in Grossbuchstaben anbrüllt, auch wenn man super genervt ist und lieber zuerst tief durchatmet, bevor man wutentbrannt tippt. Wie gesagt ist vielen oft nicht bewusst, welchen Schaden sie anrichten, wenn sie ohne viel zu überlegen, ihrem Ärger Luft machen. Und da können solche Gespräche eben helfen, überlegter zu werden und gemeinsam als Klasse Lösungen zu finden und daran zu wachsen.
- Wenn du den Eindruck hast, dass richtiggehend gehetzt wird gegen Personen oder z.B. intime Fotos gepostet werden, dann wäre es wichtig, dass du dich jemandem Erwachsenen anvertraust. Das kann z.B. auch eine Schulsozialarbeiterin oder ein Schulsozialarbeiter sein. Das hat dann nichts mit Petzen zu tun, sondern eben damit, dass du Verantwortung übernimmst, andere schützt und eben nicht zulässt, dass andere das Recht verletzten und sie belästigt werden.
- Ein wenig anders ist die Situation, wenn Inhalte, die jemand postet zwar nervig sind, aber niemandem schaden. Das kann der Fall sein, wenn z.B. jemand ständig nur von sich erzählt, vielleicht sogar ein wenig blufft und niemandem sonst zuhören mag. Oder, wenn die Person z.B. stört, wenn einige im Klassenchat Schulsachen besprechen und die Person eben über Privates plaudert und immer wieder unterbricht. Hier könntest du durchaus auch so reagieren, wenn es wichtig für dich ist: Versuche, die Person in einem ruhigen Moment in Echtzeit, wenn ihr allein seid unter vier Augen zu sprechen. Du könntest dann das Gespräch auf das lenken, was du als nervig wahrnimmst. Versuche herauszufinden, weshalb es die Person macht und erzähle ihr, wie das bei dir ankommt. Gut möglich, dass du so mehr erfährst und gleichzeitg auf sehr freundschaftliche Art auch das Bewusstsein schärfen kannst, dass eben Chats immer auch Gruppenräume sind, in denen für alle Platz sein sollte. Da gehört dann auch dazu, dass man mal nicht stört, wenn andere arbeiten wollen oder dass es eben genauso spannend sein kann, in Ruhe zuzuhören, statt ständig nur von sich zu erzählen.
Nun hoffen wir, dass wir dir den einen oder anderen Tipp geben konnten, der dir weiterhilft. Herzliche Grüsse, dein Tschau. |